Die „Papenhütte“ in der Weimarer Republik

NLA 6 b Nr. 1100 B XXIII d_Ausschnitt_Kläranlage.jpg

Luftaufnahme des städtischen Klärwerks an der Papenhütte aus einem Zeitungsartikel von 1925. Am linken Bildrand die zwei Häuser des Hofes „Alte Papenhütte“ (vermutlich Hausnummern 22 und 24), in der oberen linken Bildecke erst die Kreuzung der Straßen „An der Papenhütte“ und „Oldenburger Straße“, dahin am äußersten Bildrand nur angeschnitten zwei Häuser des Obdachlosenwohnkomplexes „Papenhütte“.

Stadtplan 1924_Ausschnitt_FD Geodaten.png

Im Vergleich der Stadtpläne von 1924 und...

Stadtplan 1927_Ausschnitt_FD Geodaten.png

... 1927 wird der umfangreiche Ausbau der „Papenhütte“ in diesen Jahren sichtbar.

Umfassende Erweiterungen Mitte der 1920er Jahre

In den Folgejahren zeigten sich auch in Osnabrück die Folgen des preußischen Erlasses 1925 zur forcierten Unterbringung Wohnungsloser in Behelfsunterkünften anstelle von regulären Wohnungen sowie der Trend zu geschlossenen Obdachlosensiedlungen am Stadtrand bzw. abseits der Wohngebiete anstelle dezentraler Unterbringung. Waren bis 1925 in der „Papenhütte“ in vier verschiedenen Häusern (Oldenburger Straße 2 und 4 sowie An der Papenhütte 23 und 25) insgesamt sechs Familien in kommunalen Unterkünften untergebracht, stieg diese Zahl ab 1926 sprunghaft an. 

Bereits während der Weimarer Republik zeigten sich die wachsenden Vorurteile und zunehmende Kontrollmaßnahmen gegenüber „Zigeunern“, die in der preußischen Zigeunerrazzia“ von 1927 einen vorläufigen Höhepunkt erreichten: in Osnabrück wurden 39 Bürger:innen, unter ihnen einige Bewohner:innen der „Papenhütte“, von der Polizei verdachtsunabhängig - nur weil sie „Zigeuner“ waren - festgenommen. Es wurden Fingerabdrücke genommen und den Verhafteten vor ihrer Freilassung Bescheinigungen ausgestellt, mit denen sie sich fortan jederzeit gegenüber staatlichen Behörden ausweisen mussten.

Lichtenberg 1920er 1.jpg

"Rückansicht" des "Papenhütte"-Komplexes mit Baracken in den späten 1920er Jahren.

Lichtenberg 1920er 2.jpg

Perspektive von der anderen Seite: hier im Vordergrund das zu diesem Zeitpunkt relativ neu erbaute, massive Steinhaus Oldenburger Straße 6/6a, dahinter Baracken.

Lichtenberg 1920er 3.jpg

Das Haus Oldenburger Straße 6/6a aus einem anderen Blickwinkel, links dahinter vermutlich die gemeinschaftlichen Plumpsklos, an der rechten Bildseite die Bahnlinie und dahinter Wohnhäuser an der Pagenstecher Straße.

NLA OS Erw. A 18 Nr. 408 (1).JPG

Zeitungsartikel Osnabrücker Stadtanzeiger „Das Problem Papenhütte“ vom 14. Mai 1953; hier wird 1924 als Entstehungsjahr der Siedlung „Papenhütte“ angegeben.

Kontroverse: 1924 als „Gründungsjahr“ der „Papenhütte“?

In der Fachliteratur, in der vor Ort von der Stadt 2013 angebrachten Infotafel sowie in zahlreichen später entstandenen Quellen wie diesem Zeitungsbericht von 1953 wird gemeinhin 1923 bzw. 1924 als „Gründungsjahr“ der „Papenhütte“ angegeben. Warum, bleibt unklar, da die ersten Obdachlosenunterkünfte an dieser Stelle bereits 1911/12 sowie kleinere Erweiterung bereits in den Folgejahren entstehen.

Vermutlich wurden zwischen 1923 und 1925 die umfangreichen Erweiterungen der „Papenhütte“ beschlossen bzw. mit den Baumaßnahmen begonnen, die jedoch erst ab 1926 in den Adressbüchern sichtbar werden. Möglicherweise tritt durch diese umfassenden Erweiterungen das vorher kleine Obdachlosenheim an der Oldenburger Straße als große Barackensiedlung „Papenhütte“ Mitte der 1920er Jahre ins Bewusstsein und den Sprachgebrauch der Osnabrück Stadtgesellschaft.