Mit Gott für König und Vaterland - Die Marienkirche
24. November 1918
Das Pfarramt St. Marien listet zwei Wochen nach dem Waffenstillstand sorgfältig seinen Kriegsbeitrag auf: Die Gemeinde hat Geld und Sachgüter gespendet, die Pfarrer waren als Feldgeistliche eingesetzt, haben vaterländische Heimatabende veranstaltet, Vorträge gehalten und von der Kanzel herab für Kriegsanleihen geworben. Pfarrer waren es auch, die den Hinterbliebenen die Nachricht vom Tod eines Soldaten überbrachten.
Die evangelische und die katholische Kirche unterstützen gleichermaßen den Krieg. Die Predigten sollen dem „Tod fürs Vaterland“ Sonntag für Sonntag Sinn geben. Trösten die Geistlichen ihre Gemeindemitglieder? Sind sie dieser Propaganda nicht überdrüssig? Tatsache ist, dass der Gottesdienst längst nicht mehr so voll ist wie bei Kriegsbeginn.
In ihrer privaten Trauer fühlen sich viele Menschen allein gelassen. Sie verlieren den Glauben an den Sinn des Todes für Kaiser, Gott und Vaterland. Es gibt oft keinen Ort der Trauer, keine Beerdigung und kein Grab, denn die meisten Toten werden im Frontgebiet bestattet.