Die Verortungsproblematik der Wohnunterkunft auf dem Gelände der Weidenstraße 15

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Das Grundstück Weidenstraße 15 - Ausschnitte aus einem Luftbild aus dem Jahr 1972 sowie aus dem Stadtplan der Stadt Osnabrück aus dem Jahr 1970.

Die Adresse Weidenstraße 15 war seinerzeit dem gesamten Betriebsgelände der Firma Karmann an der Weidenstraße zugewiesen. Die Ausschitte aus dem Stadtplan von 1970 sowie dem Luftbild von 1972 in der Abbildung zeigen die dichte Bebauung mit Werkshallen und Gebäuden.

Trotz intensiver Recherchen und der Befragungen von Zeitzeugen gelang es bisher nicht, den genauen Standort der Wohnunterkunft auf dem stillgelegten Fabrikgrundstück herauszufinden.

Im Folgenden werden Hypothesen darüber aufgestellt, wo sich die Unterkunft für die Arbeitsmigranten befunden haben könnte. Diese sind dabei vor allem spekulativ.

Hinweis Unterkunft Weidenstr. 15_1_2.png

Hinweis auf die Unterkunft in der Weidenstraße 15 - Das "Hochhaus" als mögliche Unterkunft. (Aufnahme unten links: Facebook: (Alt) Osnabrück - in Bildern; Aufnahme oben links: Karmann Post, H. 19 (1961), S. 30; Aufnahme rechts: NLA OS: Dep. 104 VI Bildarchiv von Stadt und Landkreis Osnabrück)

Eine der Hypothesen lokalisiert die Unterkunft in einem vergleichsweise hoch gebauten Haus ("Hochhaus"), welches sich an der östlichen Seite des Geländes, in Richtung der Firma Kromschröder, befand.

Gestützt wird diese Hypothese zum einen durch einen Hinweis aus der Karmann-Post, einer betriebsinternen Zeitschrift der Firma Karmann.1 Dort findet sich in einem Beitrag ein Foto, welches einen Raum in einer Unterkunft darstellt. Die Anordnung der Fenster des Raums ähnelt der Anordnung der Fenster des besagten "Hochhauses". Somit könnte es sich bei dem dargestellten Raum um eine Unterkunft im "Hochhaus" der Weidenstraße 15 handeln. Belegen lässt sich dieser vermutete Zusammenhang jedoch bisher nicht.

Ein weiterer Hinweis findet sich in einem Beitrag von Ursula Alberts im Sammelband "Vom Deutschen Metallarbeiterverein zur Industriegewerkschaft Metall", herausgegeben von Dirk Thiemeyer.2 Der Beitrag thematisiert Arbeitsmigrant:innen in Osnabrück im Zeitraum von 1955 bis 1990. Dabei enthält er auch eine Auflistung sämtlicher Unterkünfte der Firma Karmann im Jahr 1973 mit Anzahl der Betten. Beim Eintrag zur Unterkunft in der Weidenstraße 15 ist der Vermerk "Hochhaus" enthalten. Dies kann auch als Indiz für den höher gebauten Block auf dem Gelände als Wohnunterkunft verstanden werden. Die Anmerkung wird in dem Aufsatz jedoch nicht weiter konkretisiert.

Eine andere Hypothese für den Standort der Unterkunft blickt auf die "Lagerhallen" des Geländes.

Einen Hinweis hierauf liefert der Film "Guten Morgen, Kollega ..." aus dem Jahr 2001.3 In Interviews in diesem Film berichten zwölf Arbeitsmigrant:innen aus Osnabrück ihre Erfahrungen und Erlebnisse. In einem kurzen Interview mit einem ehemaligen Betriebsratsmitglied von Karmann berichtet dieser von einem Umbau von "Lagerhallen" auf dem Gelände der Weidenstraße zu Wohneinheiten für die Unterbringung der Arbeitsmigrant:innen. Um welche Lagerhallen auf dem Gelände es sich konkret handelte, geht hieraus jedoch nicht hervor.

Denkbar wäre ebenfalls, dass die ausländischen Arbeitsmigranten nicht nur in einem Gebäude bzw. einer Halle, sondern in mehreren unterschiedlichen Bauten auf dem ehemaligen Betriebsgelände untergebracht waren.

Sollte jemand weiterführende Informationen haben oder wissen, wo der genaue Standort war, würden wir uns sehr über eine Kontaktaufnahme freuen: janine.wasmuth@uni-osnabrueck.de

Genau wie der konkrete Standort der Unterkunft auf dem Gelände Weidenstraße ist auch vom Inneren des Wohnheims nicht viel bekannt. Zeitzeuge B, der selbst einige Jahre im Wohnheim an der Weidenstraße 15 lebte, schildert uns im Interview das Innere des Gebäudes aus seinen Erinnerungen wie folgt:

Durch einen langen Flur gelangte man links und rechts zu den Schlafzimmern der Bewohner, welche durch gemauerte Wände voneinander abgetrennt waren. In einem Zimmer schliefen vier bis sechs Personen in Hochbetten. Es gab für alle Bewohner eine oder zwei große Küchen mit mehreren Herdplatten. Dennoch musste man gelegentlich warten, bis eine Kochstelle frei wurde. Es befanden sich auch mehr als ein Waschraum im Gebäude, wobei sich der Zeitzeuge nicht mehr an die genaue Zahl erinnern kann.

                                  

Inhaltlich verantwortlich: Johannes Pufahl & Janine Wasmuth

1 Vgl. "Spanien. Heimat unserer Gastarbeiter ...". In: Karmann-Post, H. 19 (1961), S. 32. Es handelt sich um ein Bild mit der Anmerkung: "Die Unterkunft, die ausschließlich für spanische Arbeiter reserviert ist, hat saubere, wohnliche Räume, in denen sich unsere Gäste schnell heimisch fühlen."
2 Vgl. Alberst, Ursula: Ausländische Arbeitnehmer in Osnabrück (1955-1990). In: Thierbach, Dirk; Blömer, Thomas (Hrsg.): Vom deutschen Metallarbeiterverband zur Industriegewerkschaft Metall. Bramsche 1990, S. 155-167, hier: S. 157.
3 Vgl. Jaros, Krzysztof: Guten Morgen, Kollega... [Filminterview]. Osnabrück 2001, 13:50 - 14:18.