Arbeitsmigration in Osnabrück

Die "Gastarbeiter:innen"-Anwerbung der Bundesrepublik Deutschland prägte auch die Stadt Osnabrück deutlich: Dort stieg die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer:innen ab den 1960er Jahren rasant an – waren es 1961 noch 485 Personen gewesen, so lag deren Anzahl nur drei Jahre später schon bei 3.417.1 Die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer:innen in Osnabrück versiebenfachte sich also innerhalb dieses so kurzen Zeitraumes.

Zum Jahresende 1975 lebten laut einem Bericht des Amtes für Statistik der Stadt Osnabrück 10.656 ausländische Arbeitnehmer:innen in der Stadt, was einem Anteil von 6,6 % der Gesamtbevölkerung entsprach.2 Von diesen Ausländer:innen waren 63,6 % männlich und mittlerweile 36,4 % weiblich,3 was auf den Familiennachzug zurückzuführen ist. Die drei größten Gruppen waren die Spanier:innen (22,8 %), Türk:innen (16,9 %) und Portugies:innen (16,4 %).4 Der Stadtteil mit dem größten Anteil der Osnabrücker Ausländer:innen war der Schinkel (14,2 % der Ausländer:innen, gefolgt von der Innenstadt (11,0 %) und dem Schölerberg (10,3 %).5 Etwa die Hälfte der Ausländer:innen war verheiratet (55,2 %), während 42,2 % ledig und der Rest entweder verwitwet oder geschieden war.6

Auch am 27. September 1978 lag der Anteil der Ausländer:innen an der Gesamtbevölkerung mit 11.117 Ausländer:innen bei 6,6 %.7 Die Stadtteile mit den größten Ausländer:innenanteilen waren der Fledder (15,4 %), Hafen (12,5 %) und Gartlage (12,2 %). Erst danach folgten in diesem Jahr die Stadtteile Schinkel und Schinkel-Ost mit 11,5 bzw. 10,6 %.8 Gut die Hälfte aller ausländischen Arbeitnehmer:innen waren zu Beginn des Jahres 1979 in vier Osnabrücker Betrieben beschäftigt. Den Spitzenplatz belegte dabei Karmann mit 84 % der Arbeitnehmer:innen innerhalb der vier Betriebe, gefolgt in großem Abstand von Klöckner, dann von Kabel-Metall und zum Schluss von Hammersen.9

Gemäß einem Bericht der Stadt Osnabrück zur Situation der "Gastarbeiter" in der Stadt aus dem Jahr 1971 gab es drei Arten der Unterbringung der Beschäftigten: Alleinstehende in Wohnheimen, Alleinstehende in privaten Gemeinschaftsunterkünften und ausländische Familien in privaten Wohnungen.10 Die meisten großen Unterkünfte von "Gastarbeitern" im Stadtgebiet Osnabrück wurden laut dem Bericht von der Firma Karmann betrieben, darauf folgten fünf von Klöckner und eine von Hammersen betriebene Unterkunft. Was die Beschaffenheit der Unterkünfte im Allgemeinen betrifft, kann festgehalten werden, dass, obwohl die Verordnung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung auf genaue Bestimmungen für die Unterkünfte hinweist,11 es in der Realität – wie etwa ein Zeitungsbericht der NOZ vom 28. Februar 1970 über das Wohnheim der Misión Católica Española in der Katharinenstraße 37 belegt – durchaus anders aussah: Die Unterkunft war äußerst notdürftig ausgestattet, hatte feuchte Wände und verfügte lediglich über einen unzureichenden und provisorisch eingerichteten Waschraum sowie eine ebenso primitive Küche. Beides befand sich im Keller des Hauses.12

Für die verschiedenen Fragen und Probleme, die die "Gastarbeiter:innen" plagten (insbesondere die der Wohnungsbeschaffung, der Sozialversicherung und Steuerzahlung sowie der Aufenthaltserlaubnis und Familienzusammenführung), wäre nach damaliger Ansicht des Sozialausschusses der Stadt Osnabrück in den seltensten Fällen das Sozialamt, sondern hauptsächlich die Ausländerbehörde zuständig gewesen – trotz der Aufgabe des Sozialamts, "für hilfebedürftige Personenkreise einzutreten".13 Beschlossen wurde diesbezüglich vom Sozial-, Vertiebenen-, Flüchtlings- und Geschädigtenausschuss, der Verwaltungsausschuss solle zwischen den städtischen Ämtern und Ausschüssen koordinieren und diesen die notwendigen Richtlinien für die Aufgabenbewältigung zur Hand geben.14 Ebenfalls beschlossen wurde in der Sitzung am 29. Juni 1971, einen 'Beirat für Fragen ausländischer Arbeiter' zu bilden und ein 'Informations- und Beratungszentrum' in der Bramscher Straße 11 einzurichten.15

Persönliche Hilfeleistungen wurden vom Informations- und Beratungszentrum für ausländische Arbeitnehmer:innen vom Dezember 1972 bis Ende Dezember 1975 vor allem in Form von Übersetzungen, Schriftsätzen und Beglaubigungen geleistet (6.693 von 26.495), gefolgt von der Bearbeitung von Konsulatsangelegenheiten (3.122) und arbeitsrechtlichen Fragen (2.938).16 Auch der Caritasverband betreute die in Osnabrück lebenden Spanier:innen, Italiener:innen und Portugies:innen: Seit 1963 gab es eine hauptsächlich für Spanier:innen eingerichtete eigene Beratungsstelle, seit 1964 ein Freizeitzentrum für Spanier:innen und seit 1970 eine Beratungsstelle für Portugies:innen.17  Das diakonische Werk war derweil für die Griech:innen zuständig.18

Von der Projektgruppe Bildung, Freizeit und Sport wurde am 01.04.1971 beschlossen, Deutschkurse für die in Osnabrück lebenden ausländischen Arbeitnehmer:innen ausschließlich an der Volkshochschule anzubieten,19 auch wenn sie in der Vergangenheit keinen Anklang gefunden hatten.20 Diskutiert wurde eine Lösung des Problems, nach der die Kurse nach Arbeitsschluss am Arbeitsplatz oder in der Nähe der Wohnheime stattfinden würden.21

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Inhaltlich verantwortlich: Isabell Hölzer

1 Vgl. Alberts, Ursula: Ausländische Arbeitnehmer in Osnabrück (1955-1990). In: Thierbach, Dirk; Blömer, Thomas (Hrsg.): Vom Deutschen Metallverband zur Industriegesellschaft Metall. Texte und Dokumente aus der Geschichte der Metallarbeiter in Osnabrück. Bramsche 1990, S. 155-162, hier S.155.
2 NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1062: Statistik über Ausländer in Osnabrück - 1973, 1974, 1975 -. Vorbemerkungen. S.1.
3 Vgl. ebd.
4 Vgl. ebd.
5 Vgl. ebd.
6 Vgl. ebd., S. 2.
Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1224 Sozialdezernat: Ausländische Arbeitnehmerfamilien in Osnabrück 1979 - 1985 (Ausländerplan). Einleitung, B. Kurzfassung. S. 8.
8 Vgl. ebd., S. 10.
9 Vgl. ebd., S. 9.
10 Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1223: Vorlage 1025. Zusammenstellung der Stellungnahmen der Fachausschüsse zum Bericht über die Situation der ausländischen Arbeitnehmer. Anlage 2 zur Vorlage 1025. S. 1.
11 Vgl. Alberts 1990, S. 157.
12 Vgl. ebd.
13 NLA OS, Dep 3 c, Akz. 32/1996 Nr. 254: Protokolle Sozialausschuss 1968-1972: Niederschrift über die Sitzung des Sozial-, Vertriebenen-, Flüchtlings- und Geschädigtenausschusses am 14. Juli 1971 (9) im "Haus am Bürgerpark". S. 3.
14 Vgl. ebd., S. 4.
15 Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Akz. 32/1996 Nr. 254: Erläuterungen zur Tagesordnung über die Sitzung des Sozial-, Vertriebenen-, Flüchtlings - und Geschädigtenausschusses am 1. März 1972. S. 2; vgl. NLA OS, Dep 3 c, Akz. 32/1996 Nr. 254: Niederschrift über die Sitzung des Sozial-, Vertriebenen-, Flüchtlings- und Geschädigtenausschusses am 1. März 1972 (11) in der Beschützenden Werkstatt des Vereins für heilpädagogische Hilfe e.V. in Osnabrück-Sutthausen. S. 6.
16 Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1223: Erstellung des Ausländerplans 1971-1978: Informations- und Beratungsstelle für ausländische Arbeitnehmer, 10.02.1976. Anhang, Persönliche Hilfeleistungen.
17 Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1223: Bericht des Stadtplanungsamtes von September 1970, Anhang B, Aktivitäten und Vorstellungen der Arbeitgeber, Osnabrück 1970. S. 5.
18 Vgl. ebd., S. 7.
19 Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1223: Bericht 1. Sitzung der Projektgruppe Bildung, Freizeit, Sport vom 01.04.1971. S. 14.
20 Vgl. NLA OS, Dep 3 c, Nr. 1223: Bericht zur Situation der Gastarbeiter in Osnabrück (Stand 30.09.1970). A: Aktivitäten und Vorstellungen der Verwaltung. Punkt 2b: Bereich Bildungswesen: Bildung und Fortbildung. S. 4.
21 Vgl. ebd.