Armenfürsorge im Mittelalter

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Der heilige St. Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt und damit dem Auftrag der Bergpredigt Jesu folgt, war nur einer von vielen Heiligen, die in ihrer Hilfe für „die Armen“ als Vorbild für alle mittelalterlichen Christ:innen diente.

Basierend auf dem christlichen Prinzip der Nächstenliebe übernahmen im Europa des Mittelalters vor allem kirchliche Einrichtungen die Armenfürsorge. Hinzu kamen private Almosen sowie Stiftungen von karitativen (kirchlichen) Einrichtungen.

Die Fürsorge für als „bedürftig“ angesehene Menschen galt als gottgefällig und Aufgabe jedes Christen und jeder Christin. Zentral handlungsleitend waren die Texte der Bibel, vor allem des Neuen Testaments (Matthäus 25:40 „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“). Auch galt Armut nicht als Folge individuellen Versagens oder gesellschaftlicher Ungleichheit, sondern als von Gott gewollt und sogar als gottgefällige Lebensweise (Lukas 6:20 „Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer“). In den im 13. Jahrhundert entstehenden Bettelorden wurde sich sogar bewusst für ein Leben in Armut entschieden. Betteln war nicht gesellschaftlich geächtet; die Almosengabe erfüllte eine wichtige religiöse Funktion für die Almosengeber:innen.