Geschichte der Sinti und Roma bis in die 1920er Jahre
Wie sowohl aus staatlichen Akten beispielsweise aus der NS-Zeit wie auch aus Zeitzeugenberichten für die Nachkriegszeit hervorgeht, bestand die Bewohner:innenschaft der „Papenhütte“ zu einem signifikanten Anteil aus Sinti.
Die ersten Sinti kamen vermutlich im 15. Jahrhundert in die deutschen Länder. Für sie wie auch für die im 19. Jahrhundert aus Osteuropa nach Deutschland migrierten Roma wurde bis ins 20. Jahrhundert die Bezeichnung „Zigeuner“ genutzt. Unter dieser Kategorie wurde eine sehr heterogene Gruppe an häufig mobil lebenden Menschen gefasst, die von den „Einheimischen“ aufgrund von Lebensweise, Aussehen und Sprache als „anders“ angesehen wurden. Bei diesem Begriff „Zigeuner“ handelt(e) es sich bis ins 19. Jahrhundert weniger um eine ethnische Kategorie, vielmehr stand „das Umherziehen und der Gewerbebetrieb unter Mitführung von Hab und Gut in einem Wagen oder Karren zum Lebenserwerb“ (Lucassen 1996 S. 171) im Vordergrund,
Diese unklare Definition zeigt sich auch in zahlreichen Urkunden, in denen häufig „Zigeuner“, „nach Zigeunerart umherziehende Personen“, „fahrende Händler“, „Vagabunden“, „Bettler“ in einem Atemzug erwähnt werden. Teilweise wird auch nur von „Zigeunern“ gesprochen, teilweise fehlt diese Bezeichnung ganz und die Ausweisung richtet sich nur gegen „Bettler und Vagabunden“. Heute hat sich anstelle der abwertenden und diskriminierenden Bezeichnung „Zigeuner“ der Sammelbegriff „Sinti und Roma“ durchgesetzt. Siehe hierzu auch ausführlich die entsprechende Literatur.
Wie ein Großteil der „umherziehenden“ Bevölkerung verdienten Sinti und Roma ihren Lebensunterhalt vor allem als Handwerker:innen, Dienstleister:innen, Händler:innen oder Schausteller:innen bzw. Künstler:innen. In der Ausübung dieser Berufe auf Wanderschaft spielten sie vor allem für die Landbevölkerung eine wichtige Rolle, traten aber dadurch auch in Konkurrenz zu ortsansässigen Dienstleister:innen bzw. Händler:innen. Auch wurde „fahrenden“ Menschen häufig Bettelei und Diebstahl unterstellt; mobile, berufstätige Familienverbände wurden mit umherziehenden Bettler:innen und Diebesbanden „in einen Topf geworfen“.
Aufgrund des Heimatprinzips der Armenfürsorge und der damit verbundenen Angst vor dem Zuzug von potentiellen „Sozialfällen“ sowie Vorurteilen gegenüber „Fremden“ finden sich bereits ab dem 16., vor allem dann mit der Staatenbildung im 18. Jahrhundert zahlreiche Gesetze bzw. Erlasse zur Abwehr von „Zigeunern“ und anderen „Landfahrern“. In der Praxis führten diese allerdings meistens dazu, unliebsame Personen einfach nur über die nächste Landesgrenze abzuschieben. Teilweise wurden aber auch– wie die Urkunde aus Osnabrück links zeigt – Leibes- wie z.B. Prügelstrafen, die Kennzeichnung durch Brandzeichen, teilweise sogar Todesstrafen verhängt.
Wachsende Feindlichkeit gegenüber “Vagabunden“, „Arbeitsscheuen“ und „Zigeunern“ führte im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu intensiveren staatlichen Kontrollmaßnahmen wie zur Erfassung in Alfred Dillmanns „Zigeunerbuch“ (1905) sowie vom preußischen Innenministerium u.a. auch in Osnabrück durchgeführten „Zigeunerrazzien“ 1927.